Das Big Five Persönlichkeitsmodell in der Arbeitswelt
Die Persönlichkeit oder der Charakter eines Menschen bestimmt in vielerlei Situationen über die Energie, den Verlauf und die Richtung einer zwischenmenschlichen Interaktion. Sie beeinflusst die Art und Weise wie wir mit uns selbst, anderen und der Umwelt interagieren und kann uns ebenso beflügeln wie Grenzen aufzeigen. So erleben wir es auch im Arbeitsalltag. Manche Persönlichkeitseigenschaften verhelfen uns den Fokus zu bewahren, zielstrebig zu bleiben und die Dinge durchzusetzen, die uns wirklich wichtig sind. Persönlichkeitseigenschaften können uns aber auch einschränken, ängstlich zurücklassen, die Hoffnung rauben oder uns daran hindern, für die Dinge einzustehen, die uns eben sehr am Herzen liegen.
Es kann daher als Führungskraft von großem Vorteil sein, sein individuelles Persönlichkeitskonstrukt näher zu beleuchten und besser kennenzulernen. Sie können dadurch nicht nur Ihr eigenes Verhalten in den verschiedensten Arbeits- und Konfliktsituationen besser verstehen, sondern auch das der Mitarbeitenden. Denn wenn Sie sich über die verschiedenen Persönlichkeitsanteile ihrer Kolleginnen und Kollegen bewusst sind, ermöglicht Ihnen das eine flexiblere und an die Bedürfnisse Ihrer Mitarbeitenden gezieltere Umgangsweise im Arbeitsalltag. Dazu muss man wissen, welche verschiedenen Persönlichkeitsmerkmale und Facetten es gibt. Hilfreich und leicht in die Praxis umsetzbar ist dafür das aus der Persönlichkeitspsychologie stammende Fünf-Faktoren-Modell nach Costa & McCrae (1987) – das sogenannte Big Five Persönlichkeitsmodell.
Das Fünf-Faktoren-Modell – Ein Erklärungsmodell für die menschliche Persönlichkeit
Das Fünf-Faktoren-Modell nach Costa & McCrae beruht auf einem lexikalischen Ansatz. Aus Tausenden von Begriffen wurde solange gefiltert, bis fünf Begriffe (Merkmale) zur Beschreibung von Persönlichkeit übrigblieben. Diese Merkmale sind bekannt unter dem Namen „Big Five“ und bestehen aus den Persönlichkeitsmerkmalen „Offenheit für (neue) Erfahrungen“, „Gewissenhaftigkeit“, „Extraversion“, „Verträglichkeit“ und „Neurotizismus“. Für die bessere Merkbarkeit und Verständlichkeit wird für diesen Artikel die englischsprachige Version vorgestellt, das sogenannte „OCEAN-Modell“:
Openness to experience
- Die Offenheit und das Interesse an der Beschäftigung mit neuen Erfahrungen, Eindrücken und Erlebnissen.
- Mitarbeitende mit einer hohen Offenheit für neue Erfahrungen sind in der Regel…
- …sehr fantasievoll.
- …experimentierfreudig.
- …wissbegierig.
- …intellektuell.
- …unkonventionell in ihrer Denkweise.
☞ Unterstützen Sie Ihre Mitarbeitenden, indem Sie ihnen Abwechslung und kreatives Arbeiten ermöglichen!
Conscientiousness
- Die Gewissenhaftigkeit, gemessen an der Selbstdisziplin und (Selbst-)Kontrolle.
- Mitarbeitende mit einer ausgeprägten Gewissenhaftigkeit sind in der Regel…
- …diszipliniert.
- …zielstrebig.
- …fleißig.
- …zuverlässig.
- …willensstark.
☞ Unterstützen Sie Ihre Mitarbeitenden, indem Sie ihnen mehr Verantwortung zutrauen! Denn gewissenhafte Menschen arbeiten oft systematisch gut organisiert und sind meist sehr ausdauernd.
Extraversion
- Das gerichtete Interesse nach außen als seelische Einstellung mit dem Gegensatz der Introversion als das gerichtete Interesse nach innen.
- Extravertierte Mitarbeitende sind in der Regel…
- …auf der Suche nach einem Beruf mit sozialer Interaktion.
- …kontaktfreudig.
- …aufgeschlossen.
- …risikobereiter.
- …in Stresssituationen meist leistungsfähiger.
☞ Unterstützen Sie Ihre Mitarbeitenden, indem Sie Abwechslung und soziale Interaktion bieten, denn extravertierte Menschen brauchen Freiraum, um ihr positives Mindset zu entfalten.
Agreeableness
- Die Verträglichkeit eines Menschen in sozialer Interaktion. Wie Extraversion beschreibt die Verträglichkeit vor allem interpersonelles Verhalten.
- Mitarbeitende mit einer hohen Verträglichkeit sind in der Regel…
- …empathisch, mitfühlend.
- …altruistisch.
- …harmoniebedürftig.
- …vertrauend.
- …wohlwollend.
☞ Unterstützen Sie Ihre Mitarbeitenden, indem Sie auch ihnen mehr Verantwortung zutrauen! Aufgrund ihrer ausgeprägten Harmoniebedürftigkeit und ihrer hohen Kooperationsbereitschaft zeigen Menschen mit einer hohen Verträglichkeit Ihre Stärken oft bei sozialen Interaktionen. Sie können oft bei Konflikten schlichten oder treten als Vermittler bei unterschiedlichen Meinungen auf.
Neuroticism
- Neurotizismus beschreibt emotionale Instabilität und den Hang zu negativer Emotionalität.
- Mitarbeitende mit ausgeprägtem Neurotizismus sind in der Regel…
- …eher ängstlich.
- …oft sehr emotional.
- …schwermütig.
- …besorgt.
- …eher verschlossen gegenüber neuen Erfahrungen.
☞ Unterstützen Sie Ihre Mitarbeitenden, indem Sie validieren und motivieren! Fangen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen auf, bieten Sie mehr Möglichkeiten zur freien Entfaltung und fördern Sie so die Offenheit für neue Erfahrungen.
Vielleicht haben auch Sie sich in einem oder mehreren der oben genannten Persönlichkeitsanteile wiedererkannt. Das wäre nicht weiter verwunderlich, da die menschliche Persönlichkeit aus so gut wie allen Facetten und Merkmalen in dem Big Five Persönlichkeitsmodell besteht. Denn jeder Mensch ist eine ultraindividuelle Mischung aus Ausprägungen dieser fünf Merkmale. Bedenken Sie dies immer, wenn Sie als Führungskraft z.B. den Schlichter oder den Motivator geben sollen: Nicht bei all Ihren Mitarbeitenden ist der Weg am hilfreichsten, der Sie ins Ziel gebracht hat!
Big Five Persönlichkeitsmodell – Verwendete Quelle:
McCrae, R. R. & Costa, P. T. (1987). Validation of the Five-Factor Model of personality across instruments and observers. Journal of Personality and Social Psychology, 52, 81-90.