Social distancing und seine Folgen für die berufliche und private Kommunikation:
Corona hat das Kommunikationsverhalten und die Kommunikationsatmosphäre für fast alle Menschen spürbar verändert – und das weltweit!
Mit dem Tragen von Atemmasken verstecken wir unsere Mimik und ohne körperliche Gesten wie Händeschütteln, freundschaftliche Umarmungen oder kollegiales Schulterklopfen erleben wir eine nie dagewesene soziale Distanz und Isolierung. Bereits heute warnen Ärzte und Psychologen vor den psychischen Folgeerscheinungen. Sie rechnen mit einer erhöhten Depressionsrate und einer größeren Suizidgefahr.
Psychosoziale Folgen treten bereits wenige Wochen nach Kontaktsperren und Besuchsverbot auf. Der Artikel „Einsamkeit nimmt Lebensmut“ vom 25.04.2020 auf tagesschau.de bestätigt dies am Beispiel eines Altersheims auf anschauliche Weise. Aber auch die jüngere Bevölkerung wird von dieser ernstzunehmenden Entwicklung langfristig nicht verschont bleiben. Durch die gesetzlichen Empfehlungen zum social distancing werden nach und nach digitale Sozialkontakte über WhatsApp, Facetime und Webinare den direkten Kontakt von Mensch zu Mensch ersetzen. Mit diesen Kommunikationstechniken werden jedoch Bedürfnisse nach körperlicher Nähe mit Freunden, Kollegen und Geschäftspartnern völlig vernachlässigt.
Worauf es bei der Kommunikation in der Corona-Krise ankommt
Es sollte deswegen in unserem Interesse liegen, dieser desozialisierenden Entwicklung in der Corona-Krise entschlossen entgegen zu wirken. Mit einem flexiblen und gesunden Stimminstrument können wir dieser Entwicklung entgegensteuern, denn mit einer authentischen und ausdrucksstarken Stimme und einer präzisen Wortwahl kann man den emotionalen Verlust an nonverbaler Kommunikation ausgleichen. Eine empathische Stimme und das richtige Wort in einem angespannten Gespräch kann uns berühren, die Botschaft verdeutlichen oder die gewünschte Wertschätzung zeigen.
Lesen Sie auch zu diesem Thema unsere Blog-Artikel:
- Empathie und Führung
- Emotionale Intelligenz
- Ich-Botschaften helfen in schwierigen Gesprächen und Verhandlungen
Introvertierte & extrovertierte Stimmen
Um das stimmliche und sprachliche Ausdrucksspektrum zu nutzen brauchen wir Authentizität, Flexibilität und Spontaneität. Die meisten Menschen neigen jedoch dazu, sich immer nur auf die gleiche Art und Weise ausdrücken. Ein eingeschränktes Ausdrucksspektrum können wir vor allem bei Menschen mit eher introvertierten oder sehr extrovertierten Persönlichkeitsmerkmalen beobachten. Sie zeigen gegenüber Kollegen, Mitarbeitern oder Vorgesetzen ein ständig wiederkehrendes Verhaltensmuster, weil Sie Ihre persönliche Ausdrucksvielfalt nicht nutzen können. Dieses Defizit kann vor allem in der Corona-Krise mit der „social distancing“ Auflage zu vielen Missverständnissen und vermeidbaren Konflikten führen. Betroffen sind besonders Personen, die sie zu folgenden Verhaltensmustern neigen:
- sich selbst oder andere schnell bewerten
- Probleme und Konflikte oft verharmlosen (z. B. durch den häufigen Gebrauch des Konjunktivs)
- schnell resignieren und eine pessimistische Lebenshaltung einnehmen
- sich ständig profilieren müssen und narzistische Verhaltensweisen zeigen
- oft übertreiben oder gerne Probleme dramatisieren
Die folgende Tabelle – die sich an dem Big-Five-Persönlichkeitstest (Fünf-Faktoren-Modell) und ihrem Faktor Extraversion orientiert – zeigt, wie unsere Stimme reagieren kann, wenn sie eher von introvertierten oder extrovertierten Persönlichkeitsstrukturen geprägt ist.
Anm. zu Erkrankungen der Stimme: Stimmliche Dysfunktionen (Stimmband- und Kehlkopfentzündungen, Stimmbandknoten, etc.) finden hier keine Berücksichtigung.
Anm. zur Mimik: Da eine authentische Mimik immer ein Resultat des stimmlichen und sprachlichen Ausdrucks ist, kann man das mimische Training an dieser Stelle vernachlässigen.
Kommunikation in der Corona-Krise und seine Folgen
Durch das Kontaktverbot haben es introvertierte aber auch in vielen Fällen extrovertierte Personen schwer, den Mangel an Körperkontakt auszugleichen. Fehldeutungen und emotionale Spannungen sind dann nicht selten die Folge. Das ist besonders zu beobachten, wenn diese Personen oft:
- zu leise oder zu laut sprechen;
- zu hohe Ansprüche und perfektionistische Erwartungen haben;
- Ihre Aussagen durch Ihre Wortwahl eher verharmlosen (z.B. durch Worte wie „bisschen“, „ein wenig“, „vielleicht“ oder durch den häufigen Gebrauch des Konjunktivs) oder
- zu stark dramatisieren (z.B. durch Worte wie „sofort“, „unbedingt“, „Katastrophe“ oder durch den häufigen Gebrauch des Imperativs).
Diese Verhaltens- und Denkmuster können sich bei den gesetzlich vorgeschriebenen Verhaltensregeln in der Corona-Krise besonders problematisch auswirken. Denn bisher konnte man mit Hilfe der Körpersprache (Händedruck, Schulterklopfen, etc. …) Missverständliches oder sprachlich „nicht so Gemeintes“ korrigieren, entdramatisieren oder harmonisieren. In Zeiten der Corona-Krise ist diese nonverbale Korrektur nicht mehr möglich. Denn missverständliche Aussagen lassen sich jetzt nur noch über den stimmlichen und sprachlichen Ausdruck korrigieren. Deshalb müssen unsere Stimme und Sprache während der Kommunikation in der Corona-Krise einen wesentlich höheren Stellenwert einnehmen. Das lässt sich nur mit einem professionellen Stimm- und Ausdruckstraining erreichen.
Die eigene Kommunikation in der Corona-Krise verbessern
Der Fokus auf den stimmlichen Ausdruck kann als Chance für die eigene Persönlichkeitsentwicklung genutzt werden. Dadurch kann jeder seine eigene Kommunikation in der Corona-Krise verbessern. (Dies gilt insbesondere auch bei der Nutzung von digitalen Kommunikationstechniken im Internet: Webinare, Videokonferenzen, visuellen und auditiven Präsentationen.)
Mit einer ausdrucksstarken Intonation, einem authentischen Stimmklang sowie einer verständlichen Wortwahl kann jeder Mensch seine Kommunikationsfähigkeit optimieren. Wenn Sie Ihre Wahrnehmung auf den stimmlichen und sprachlichen Ausdruck fokussieren, vermeiden Sie so langfristig Missverständnisse, Fehlinterpretationen, emotionale Spannungen und negative Verhaltensmuster.
Mit Hilfe von Techniken und Übungen aus den Fachgebieten Stimmbildung, Sprecherziehung und Schauspielpädagogik können Sie Ihre kommunikativen Fähigkeiten trainieren und optimieren. Sie tragen so entscheidend dazu bei, dass durch die empfohlenen gesetzlichen Verhaltensauflagen von „social distancing“ weniger soziale Konflikte und kommunikative Probleme mit Ihren Vorgesetzten, Mitarbeitern und Kunden entstehen.
Weitere Blog-Artikel zum Thema Kommunikation finden Sie hier:
- Respektvolle Kommunikation als Führungsinstrument
- Tipps zum Umgang mit schwierigen Menschen in schwierigen Gesprächen